Der Wert der Demokratie in Zeiten des Goldrausches

Der Wert der Demokratie in Zeiten des Goldrausches

Lügen, Beschattung, Haft: Die BewohnerInnen einer kleinen Gemeinde im Süden Ecuadors nahmen vieles in Kauf, um eine Volksabstimmung gegen den Bau einer Goldmine durchführen zu können. Ob es soweit kommt, dürfte sich erst am Tag der Abstimmung nächsten Sonntag entscheiden. 


Auf Grund der Ereignisse der letzten Tage weisen wir darauf hin, dass die folgende Recherche in San Gerardo und Girón am Montag 25. Februar 2019 stattgefunden hat. Sämtliche Aussagen der Beteiligten vor Ort stammen aus dieser Zeit. Grund für diesen Hinweis ist das juristische Hin- und Her, das letzten Mittwoch im Urteil eines Richters aus Quito gipfelte, der die geplante Volksabstimmung vom kommenden Sonntag abgesagt hatte. Ehe diese durchgeführt werden könne, so heisst es, müsse das Verfassungsgericht Stellung beziehen. Währenddessen berufen sich die InitiantInnen der Volksabstimmung auf den Fakt, dass die Wahlbehörde ihre Entscheidung bereits getroffen habe, die Abstimmung also trotz allem stattfinden werde. Die Präsidentin der zuständigen Wahlbehörde hat inzwischen gar die Absetzung besagten Richters gefordert.  

San Gerardo/Girón, Ecuador. – Der Weg zum Arbeitsplatz von Cecibel Ordoñez ist steil und rutschig. Er führt über einen Abhang hinunter zu den weidenden Kühen und einem Rudel Hunde, das sich gerade zankt. Cecibel Ordoñez trägt eine Mütze, einen blauen Faserpelz, Leggings, weisse Gummistiefel und wenn sie lächelt, erscheinen goldige Sternchen auf ihren beiden Eckzähnen. Sie ist gerade daran, eines ihrer Tiere zu melken. Viel bekomme sie nicht für die Milch, klagt die Bäuerin, die Preise seien im Keller. Diverse Nachbarn seien wegen den harten Lebensbedingungen weggezogen: ins Tal, in die Stadt, ins Ausland.

Der Vater von Ordoñez hatte San Gerardo vor über dreissig Jahren den Rücken gekehrt und sich in den USA niedergelassen. Der kleine Weiler im Süden Ecuadors, der zum Hauptort Girón gehört, kämpft gegen die Abwanderung. Und die Minenbaufirma, die sich vor ein paar Jahren hier eingenistet hat und die im Boden liegenden Schätze in der Region ausbeuten will, weiss das. Sie offeriert Arbeitsplätze, fabuliert von Fortschritt und Entwicklung und verspricht, dass nun alles besser werde.

Auch Cecibel Ordoñez vertraut den Worten von INV Metals aus dem kanadischen Toronto. Die Vorarbeiten der vergangenen Jahre hätten gezeigt, dass die Migration zumindest ein bisschen gestoppt werden konnte, sagt die Lokalpolitikerin. „Die Mine ermöglicht den Familien ein festes Einkommen.“ Deshalb werde sie Ende März Ja stimmen: Ja zum Abbau von Gold, Silber und Kupfer weiter oben am Berg. Das Problem: Die Schätze befinden sich in Kimsacocha. Und Kimsacocha, ein Feuchtgebiet auf 3.750 Metern über Meer, versorgt das ganze Tal mit sauberem Wasser.