Die Risiken und Nebenwirkungen von abgelaufenem Tränengas

27. Dezember 2020, Quito – Während des Landesstreiks in Ecuador im Oktober 2019 setzten Polizei und Militär Tränengas ein, dessen Verfallsdatum Jahre zuvor überschritten worden war. Dies hat Regierungsministerin Maria Paula Romo vor kurzem den Job gekostet. Sie behauptete bis zuletzt, dass von solchen Waffen keine zusätzliche Gefahr ausgehe. Doch internationale Chemikerinnen, ToxikologInnen und JuristInnen warnen vom Gegenteil.

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Die folgende Recherche ist am 11. März 2020 auf spanisch erstmals publiziert worden, dann aber im Getöse der Covid-19-Pandemie untergegangen. Über Monate dominierten in Ecuador Infektionszahlen, Ausgangssperren und Regierungsbeschlüsse den öffentlichen Diskurs – bis sich im Oktober der Landesstreik erstmals jährte. Dann wurde man wieder aufmerksam auf jene Ereignisse, die sich zwischen dem 2. und 13. Oktober 2019 im Andenstaat abgespielt hatten. Denn beim landesweiten Aufstand gegen die Streichung auf Treibstoff-Subventionen sind mindestens elf Personen getötet worden, viele von ihnen durch Polizei oder Militär. Wie sich später herausstellen sollte, wurden auf Grund fehlender Lagerbestände auch Waffen eingesetzt, die eigentlich nicht hätten eingesetzt werden dürfen, darunter Tränengasbomben, die bereits 2015 abgelaufen waren.

JournalistInnen aus Quito – darunter auch MitarbeiterInnen von mutantia.ch – sind der Sache bereits wenige Tage nach Streikende nachgegangen und haben während ihrer monatelangen Recherche herausgefunden, dass solches Material eigentlich längst aus dem Verkehr hätten gezogen werden sollen – sowohl zur Sicherheit der Zivilbevölkerung, als auch jener der staatlichen Sicherheitskräfte. Stattdessen wurde es von der damaligen Regierungsministerin Maria Paula Romo öffentlich verteidigt. Der Effekt abgelaufenen Tränengases würde nachlassen und sei damit weniger schädlich, behauptete sie während eines Fernseh-Interviews.

Die 40-Jährige ist Ende November vom ecuadorianischen Parlament abgesetzt worden, nicht zuletzt dank besagter Recherche. Das Video (siehe weiter unten) ist als Beweis gegen Romo ins Feld geführt worden und hatte letztlich Anteil an ihrer Absetzung.

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Hauptbild: Produziert im März 2010, abgelaufen im März 2015: eine Tränengaskartusche, gefunden von einem Bewohner von Quitos Altstadt, Oktober 2019. (Emilio Bermeo, Screenshot)