Japan, Kanada und jetzt Chile: Minenbaufirmen aus aller Welt, wollen die Kupferreserven im ecuadorianischen Intag ausbeuten. Bisher hat sich die Kommune erfolgreich dagegen gewehrt.
Doch das jahrzehntelange Scharren hinterlässt seine Spuren.
Intag, Ecuador. – Vor ein paar Wochen im ländlichen García Moreno: Ein junger Mann wendet sich abends beim Bier an eine gute Freundin und erzählt ihr seine Sorgen. Das ist in der Gegend nicht üblich, vor allem dann nicht, wenn es um Intimes geht. Doch der kaum zwanzigjährige Jungspund hatte nach dem Sex mit einer Prostituierten plötzlich Angst, sich mit einem Virus infiziert zu haben. Tagelang verkroch er sich deswegen, redete kaum und lachte noch weniger – bis ihn die Bekannte darauf ansprach.
Der Verdacht sollte sich am Ende nicht bestätigen. Doch die Geschichte zeigt: Das gesellschaftliche Gefüge im Intag-Tal, rund achtzig Kilometer nordöstlich von Quito, ist durcheinandergeraten. Aids, Kondome oder Prostitution waren bis vor kurzem noch weit weg. Heute gibt es mindestens zwei Bordelle in der Region. Besucht werden sie von den Minenarbeitern weiter oben in den Tälern. Nach zwei Wochen Schichtbetrieb in der geplanten Kupfermine Llurimaguabetrinken sich diese, manchmal tagelang, und kaufen sich dann die Frauen. Ihr Arbeitgeber zahlt ihnen mehr als doppelt so viel, wie die Bauern im Tal für den Verkauf von Mais, Kaffee oder Bananen erhalten. Dabei bestellten viele der Minenarbeiter früher ebenfalls ihre Felder.
Das erzählt Marcia Ramírez, eine Bäuerin, die die Entwicklungen im Tal besorgt und traurig beobachtet. Seit Jahrzehnten wehrt sich ihre Familie zusammen mit anderen comuneros gegen die Minenbauprojekte.
Schlechte Bedingungen für Minenbau
Als die Behörden Anfang der1980er Jahre Gold, Silber, Kupfer und Molybdän im bis dahin praktisch unberührten Regenwald entdeckten, konnte niemand abschätzen, was die Folgen sein könnten. Heute sind die Gewässer der Region verschmutzt und dutzende von Bäumen gefällt. Hinzu kommen Alkoholprobleme, Prostitution und eine tief gespaltene Gemeinde – ein Begleitphänomen der extraktiven Industrie. Nur noch etwa ein Drittel der TalbewohnerInnen ist gegen den Minenbau, sagt Marcia Ramírez. Der teils blutige Abwehrkampf gegen die Industrie und deren Allierte im ecuadorianischen Staatsaparat hat die einst kräftige Widerstandsbewegung geschwächt. Die Alten, die ihr Leben hier verbracht und das Land über Dekaden verteidigt haben, sind müde geworden und die Jungen ziehen vermehrt in die Stadt – also dorthin, wo Metalle in Form von Kabeln, Autos, Computern, Handys oder Schmuck gehandelt, verbraucht und verschwendet werden.
Dabei sind die Täler von Intag alles andere als geeignet, um den Boden für ebendiese Metalle aufzureissen. Die Gegend ist dicht bewachsen mit Bäumen und Büschen, hügelig wie das Appenzell und der Nebel hängt oft bis tief in den Regenwald hinein. Hinzu kommt das tropische Klima mit hoher Luftfeuchtigkeit und häufigen Niederschlägen. Die Schadstoffe, die beim Bau von Llurimaguaentstehen oder freigesetzt würden, hätten eine wesentlich grössere Reichweite als bei kühlen und trockenen Bedingungen. Ausserdem sind bei den Vorarbeiten 2015 Warmwasserquellen entdeckt worden, sprich: Wer hier Metalle abbauen möchte, muss mit zusätzlichen Ausgaben für die Kühlung rechnen. Warmwasser schädigt Instrumente und Werkzeuge. (…)
Hauptbild: Bisher war das Naturreservat in der Provinz Imbabura ein Ort für Touristen. Beim Bau der Kupfermine durch die Firmen Enami (Ecuador) und Codelco (Chile) würde jedoch auch dieser Wasserfall verschwinden. (mutantia)