Die Regierung Ecuadors hält einen schwedischen Internetaktivisten gefangen, der die Privatsphäre der BürgerInnen schützen will. Ein Gespräch mit einer Person, die den Fall Ola Bini aus der Nähe mitverfolgt: über Sicherheit und Intimes im Internet sowie die Dringlichkeit, diese Themen auf die Agenda zu bringen.
Quito, Ecuador. – Morgen Mittwoch müssen Ecuadors Präsident Lenin Moreno sowie Innenministerin Maria Paula Romo vor der Staatsanwaltschaft erscheinen. Grund: die Verhaftung Ola Binis. Der schwedische Programmierer und Internetaktivist wird des Angriffs auf staatliche Computernetzwerke verdächtigt. Und obwohl nach wie vor konkrete Anhaltspunkte fehlen, sitzt der 37-Jährige seit dem 11. April im Gefängnis El Inca in Quito. Es ist derselbe Tag an dem Ecuador Julian Assange das Asyl entzogen und den Wikileaks-Gründer aus der Londoner Botschaft direkt an die britischen Behörden aufgeliefert hatte.
Über die Initiative #FreeOlaBini haben inzwischen Dutzende von AktivistInnen, Intellektuelle, SchauspielerInnen, MusikerInnen und PolitikerInnen ihre Unterstützung mit dem Informatiker kundgetan (mutantia.ch hat berichtet). Ende Mai baten gar die Vereinten Nationen und die Interamerikanische Menschenrechtskommission den ecuadorianischen Staat um Informationen zur Verhaftung Binis, und äusserten ihre Besorgnis.
mutantia.ch hat sich vergangene Woche mit einem lateinamerikanischen Programmierer und Vertreter der Open Source Software Bewegung unterhalten. Die Person, die den Fall Ola Bini aus der Nähe mitverfolgt, war bereit für das Gespräch, weil sie der Meinung ist, dass Ungerechtigkeiten öffentlich diskutiert werden müssten. Aus Sicherheitsgründen bevorzugt sie anonym zu bleiben.
Warum sitzt Ola Bini im Gefängnis?
Es ist schwierig zu beweisen, dass er ein Verbrechen begangen hat. Selbst die Staatsanwaltschaft weiss nicht, welches System er angegriffen haben soll. Und bei der Kautionsverhandlung vor zwei Wochen konnte kein Betrag festgelegt werden, weil nach wie vor unklar ist, was genau passiert und wer davon betroffen ist.
Implizit gibt das Gericht also zu verstehen, dass Bini unschuldig ist?
Ich bin kein Anwalt, aber mit ein bisschen Logik würde ich sagen Ja. Vor allem wenn wir von der Unschuldsvermutung ausgehen. Wir dürfen nicht vergessen, dass bei der Verhaftung Binis Leute mit politischer Macht involviert sind, etwa Innenministerin María Paula Romo oder selbst der Präsident, Lenin Moreno.
Was wollen Sie damit sagen?
Dass es sich um eine politische Angelegenheit handelt. Wenn Bini ein Verbrechen begangen hätte, wäre die Untersuchung umgekehrt verlaufen: Zuerst hätte man beim angegriffenen System nachgeforscht und dann einen Täter gesucht. Hier wurde zuerst ein Täter gefunden und jetzt durchsuchen sie seine elektronischen Geräte, um zu sehen, ob er tatsächlich ein Verbrechen begangen hat. Bini sitzt nicht wegen eines Verbrechens im Gefängnis.
Sondern?
Wahrscheinlich wegen seiner Nähe zu Julian Assange.
Es reicht also Freund von Assange zu sein, um ins Gefängnis zu kommen?
Das wird sich mit diesem Fall zeigen. Der Diskurs der Regierung hat sich inzwischen allerdings verändert. Zunächst wurde gesagt, dass Bini die Regierung destabilisieren wolle und er ein enger Freund Ricardo Patiños(Minister unter der Regierung Rafael Correas) sei. Inzwischen wird mehr über seine Nähe zu Assange gesprochen und dass Wikileaks das Schlimmste ist, was es auf der Welt gibt.
Hauptbild: Sitzt seit dem 11. April in Quito im Gefängnis: Ola Bini (rechts), Freund von Wikileaks-Gründer Julian Assange, hier mit seinem Anwalt Carlos Soria bei der Berufungsverhandlung Anfang Mai 2019 in Ecuadors Hauptstadt. (AutorIn unbekannt)