Tagebuch 2020, Woche 34: Impfung
Die eigenen BürgerInnen als Innerer Feind: Kurz vor Weihnachten hat die ecuadorianische Regierung einen neuerlichen Ausnahmezustand beschlossen, der Anfang 2021 vom Verfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt und aufgehoben wurde. Die Strände waren über die Festtage jedenfalls weitgehend leer. Militärpatrouille am Strand von Crucitas, Provinz Manabi, Dezember 2020. – BILD: mutantia.ch
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31. Dezember – Impfung
Es ist ein Armutszeugnis für den Zustand einer Gesellschaft, wenn sich diese darum reisst, möglichst schnell geimpft werden zu können. Wer gesund ist, reflektiert zuerst darüber, was sich in den vergangenen Jahren abgespielt hat. Wie konnte es überhaupt soweit kommen, dass heute so viele Menschen auf dem Planeten eine Injektion von ein paar wenigen Firmen erhalten wollen? Das Verhalten zeugt eher von gefährlichem Herdentrieb als von gesundem Menschenverstand. Und es zeigt, wie abhängig wir uns von der Industrie gemacht haben. Nichts scheint heute einfacher, als eine Gesellschaft auf ein einziges Gefahren versprechendes Narrativ einzuschwören und dann, ohne mit der Wimper zu zucken, ein Produkt zu offerieren – denn die Impfung ist letztlich nichts anderes als das: ein Produkt, das verkauft wird –, dass wir alle unseren Körpern zuführen. Wie Recherchen der ARD zeigen, ist diese Strategie alles andere als neu. Neu ist lediglich, dass sich so schnell ein einziges Produkt innert derart kurzer Zeit an derart viele Menschen verkaufen lässt.
Teil dieser Problematik ist das soziale Umfeld, in dem die Impfung entwickelt wurde. Denn wie sämtliche Entscheidungen im Zusammenhang mit unserer Gesundheit, bedarf auch eine Impfung eine sorgfältige Abklärung und einem „sich-vor-Augen-führen“, warum wir etwas zu uns nehmen oder nicht. Immerhin geht es um unsere Körper, also das Wichtigste, um diesen Planeten überhaupt beleben zu können. Ein sorgfältiges Abwägen und Nachspüren zu den Beweggründen, warum wir etwas tun oder nicht tun, bedingt Zeit und eine gewisse Ruhe.
Doch im Moment ist das Gegenteil der Fall. Wir befinden uns seit Monaten im Panikmodus, werden fast rund um die Uhr mit Negativmeldungen zugefüllt und haben uns in unser Eigenheim zurückgezogen. Es finden keine Debatten statt, und wenn, dann werden diese zuhause geführt: mit den immer selben Menschen und ihren immer selben Meinungen. Oder digital, möglicherweise pseudonymisiert. Oder aber schlaue JournalistInnen diskutieren, abgetrennt durch Plexiglasscheiben und ohne Publikum, mit noch schlaueren Expertinnen und PolitikerInnen, während sich das sogenannte Volk aus dem öffentlichen Raum verabschiedet hat. Es fährt nur zum Arbeiten hin und her, das heisst: Jene, die homeoffice machen können, bleiben ganz zuhause.
In Lateinamerika gibt es Millionen von Menschen, die nicht aus dem homeoffice arbeiten können: Frauen und Männer aus Venezuela, die an einer Ampel im Cayambe für ein paar Münzen Fenster putzen, Provinz Pichincha, Dezember 2020. – BILD: mutantia.ch
Wenn wir also jetzt einen Impfstoff einführen, dann geschieht dies unter Bedingungen, die alles andere als demokratisch sind. Und jeder Widerspruch oder jede Kritik an diesem Arzneimittel – schliesslich gibt es keine Auswahl; es ist eine Handvoll Firmen, die diese herstellt und vertreibt – wird in den Massenmedien gleich als Generalverdacht für militante ImpfgegnerInnen aus dem Verkehr gezogen. Entspricht das jenem Verständnis von Demokratie, das wir in westlichen Gesellschaften über Jahrzehnte propagiert und kultiviert haben?
Lassen wir die Frage im Raum stehen. Das müssen wir im Moment sowieso, bei all den Ungewissheiten, die derzeit unseren Alltag prägen. Aber hoffentlich haben wir sie auch in ein paar Wochen und Monaten noch, diese Fragen. Denn wenn wir nicht mehr fragen dürfen, dann wird es tatsächlich ungemütlich. Wie gesagt: Das Problem ist nicht die Impfung alleine, sondern das soziale Umfeld, in dem sie verabreicht wird.
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