Zuhause bleiben, bedeutet Hunger leiden

Wegen des Corona-Virus’ wurde in Ecuador vor einer Woche der Ausnahmezustand verhängt, der einer Ausgangssperre gleichkommt. Doch es gibt Familien, die ohne Strassenverkauf nichts zu essen haben. Bei der aktuellen Pandemie ist es wie mit jeder Krise: Am meisten betroffen sind jene, die ohnehin wenig haben, in diesem Falle die ambulanten VerkäuferInnen, Obdachlose und MigrantInnen.

23. März 2020, Quito – Kaum hatte die ecuadorianische Regierung am Montag vor einer Woche den Ausnahmezustand ausgerufen, waren die Strassen Quitos so leer wie an einem Neujahrsvormittag. Die Mehrheit der Bevölkerung gehorchte dem Verdikt von Präsident Lenin Moreno – trotz des wirtschaftlichen Drucks und der durch den Corona-Virus (COVID-19) verursachten Ungewissheit. Denn viele, die eine Arbeit haben, wissen nicht, ob sie später, wenn sich die Situation beruhigt, mit dem vollen Lohn rechnen können. Und jene, die informell arbeiten, also zum Beispiel als ambulante VerkäuferInnen in der Strasse oder im Öffentlichen Verkehr, leben seit vergangenem Dienstag ohne Einkommen, und werden es nicht kompensieren können.

Alleine in Quito verdienen sich so schätzungsweise 30.000 Personen ihr tägliches Brot. „Ich habe keine Ahnung, was danach mit mir passiert“, sagt Amparito Portilla, die einzige Strassenverkäuferin, die an diesem Nachmittag beim Park El Ejido im Zentrum der Hauptstadt zu sehen ist. Neben ihrem geschlossenen Kiosk hängt eine Schnur mit Gesichtsmasken unterschiedlicher Formen und Farben. „Die Polizei hat mir erlaubt, hier zu verkaufen“, sagt die Frau, während sie einen blauen Anzug überstülpt, wie ihn sonst Ärzte in Operationssälen tragen. „Schliesslich sind dies Dinge, die jetzt gebraucht werden.“ Nebst ihrer Arbeit als Verkäuferin kümmert sich Amparito Portilla auch um ihre Schwester, die an starken Rückenschmerzen leidet. Sie ist sowohl für den Einkauf von Nahrungsmitteln und Medikamenten zuständig. „Allerdings“, gibt sie zu bedenken, „werde ich diese Situation wirtschaftlich höchstens eine Woche aushalten können.“

Ab und zu kommen Passanten an ihrem Stand vorbei, viele von ihnen tragen eine Maske, einige sogar Gummihandschuhe. Doña Amparito hat noch vier Schachteln à fünfzig Masken. Sie hat sie vor anderthalb Wochen gekauft. Heute ist sie eine der wenigen Personen in der Stadt, die sie noch auf Lager hat. „Wir haben es bei fünf Apotheken versucht“, bestätigt ein Rentner, der fünfundsiebzig Cent aus seinem Portemonnaie klaubt und sich dann mit der Maske Mund und Nase bedeckt. Tatsächlich sind die meisten Gesichtsmasken in Quito ausverkauft. Einzelne, so berichtet eine Apothekerin, würden Profit aus der aktuellen Notlage schlagen und die Masken für bis zu acht Dollar pro Stück verkaufen.

 

Sparpaket wegen Corona-Virus

Als ob Ecuador nicht schon genügend wirtschaftliche Probleme hätte, kündigte Lenin Moreno Anfang Monat ein weiteres Sparpaket an – und zwar nur eine Woche nachdem der erste Fall einer Corona-Patientin im Land bekannt geworden war. Es geht um Kürzungen im Haushaltsbudget, um Verzicht auf Lohnzahlungen im öffentlichen Sektor, Erhöhung der Einkommenssteuerrücklagen sowie um das Zusammenlegen oder Abschaffen öffentlicher Einrichtungen. Morenos Begründung mutet angesichts der in anderen Staaten ergriffenen Wirtschaftshilfen fremd an: Man habe diese Massnahmen ergriffen, um die COVID-19-Krise bewältigen zu können. Es sind Worte, die gerade im öffentlichen Sektor für Unsicherheit sorgen. Denn alleine 2019 sind dort beinahe 25.000 Personen entlassen worden. Offiziell ist die Zahl der Menschen, die ohne formelle Arbeit lebt mittlerweile auf 3,8 Millionen gestiegen.

„Über eine Woche werde ich diese Situation nicht aushalten können“: Das Überleben von Amparito Portilla aus Quito hängt wie bei den meisten StrassenverkäuferInnen vom täglichen Einkommen ab. – BILD: Romano Paganini

Für Carlos Castellanos, Präsident des Einzelhandelsverbandes der Provinz Pichincha, zu der auch Quito gehört, ist die Arbeitslosigkeit im Land nicht das einzige Problem. Insbesondere auf die informell Beschäftigten, also jene ohne Arbeitsvertrag, habe der aktuelle Gesundheitsnotstand direkte Auswirkungen. „Ecuador hat rund 17,4 Millionen EiinwohnerInnen, und 4,3 Prozent von ihnen sind arm oder extrem arm“, gibt Castellanos zu bedenken. „Ein grosser Teil der Bevölkerung wird morgen also nichts essen, wenn er heute nicht arbeiten kann.“

 

Stadtverwaltung verteilt Gesichtsmasken

Wie vielerorts in Quito ist auch das Centro Histórico in diesen Tagen leer wie selten. Ein Mann mit schwarzer Gesichtsmaske füttert auf der Plaza San Francisco eine Taubenschar, und ein Hund versucht vergeblich, einen der Vögel zu fangen. Normalerweise gleicht der Platz einem Ameisenhaufen, heute ist kaum eine Handvoll Menschen auszumachen. Ein paar Blocks weiter unten hat sich eine Gruppe von StrassenverkäuferInnen positioniert, jederzeit bereit, sich irgendwo zu verstecken. „Wir verkaufen im Moment sehr wenig“, sagt eine Frau, die mehrere mit Avocados gefüllte Plastiktüten in ihren Händen hält. Eigentlich verkaufe sie täglich zwischen fünfzig und sechzig Säcke, heute seinen es nicht einmal vierzig. „Ich muss auf die Strasse gehen können“, sagt die Mutter zweier Teenager. Die Arbeit auf der Baustelle, wo ihr Mann als Maurer arbeitet – übrigens wie seine Kollegen ohne Arbeitsvertrag – ist bis mindestens Ende Monat eingestellt worden, will heissen: zwei Wochen Quarantäne, zwei Wochen ohne Einkommen. „Und wenn ich hier in der Strasse nichts verkaufe“, sagt die 34-Jährige, „dann haben wir nichts zu essen“.

Wenige Minuten später fahren drei Polizei-Pickups vor, flankiert von maskierten Motorradfahrern. Wir bitten Sie, zu Hause zu bleiben, hallt es aus einem Lautsprecher durch die engen Gassen. Die ambulanten StrassenverkäuferInnen, die es gewöhnt sind, von den städtischen Beamten vertrieben und verunglimpft zu werden, verstecken sich in einer Nebenstrasse und warten, bis die Patrouille vorbeigezogen ist. Dutzende von Polizisten kontrollieren in diesen Tagen die Strassen der Hauptstadt. Stossen sie auf eine Gruppe Menschen, schicken sie sie nach Hause.

 

„Man kann nicht einfach tausende von Frauen
und Männern ohne etwas zu essen zuhause einsperren“.

Carlos Castellanos, Verband der Einzelhändler

 

Auf einem der Märkte im Süden der Stadt – einem von insgesamt 53 in ganz Quito – hat die Stadtverwaltung inzwischen 500 Gesichtsmasken, antiseptisches Gel, Handschuhe und Desinfektionsmittel verteilt, ausserdem liess sie zehn Handwaschbecken bei den Eingängen aufstellen. „Jene Personen, die hier arbeiten“, sagt Carlos Castellanos, „sind dem täglichen Risiko ausgesetzt, sich mit dem Virus zu infizieren.“ Laut Juan Pablo Burbano, Generalsekretär für Sicherheit und Risiken der Stadtverwaltung, sind seit Montag 2.800 Beamte im Einsatz – jedoch nicht nur, um Sicherheitskontrollen durchzuführen, sondern auch, um die MarktarbeiterInnen über Prävention und Hygiene aufzuklären. Burbano und Carlos Castellanos sind sich einig: neunzig Prozent der Quiteños bleiben zu Hause. Und diejenigen, die es nicht tun, nehmen die Risiken einer Ansteckung auf sich, weil sie sich irgendwie ihr Überleben sichern müssen. „Ein Einzelhändler kommt mit einem durchschnittlichen Einkommen von 8 bis 12 Dollar pro Tag aus“, sagt Castellanos. „Das reicht nicht, um die Arbeit über längere Zeit niederzulegen.“

Täglicher Überlebenskampf, mit oder ohne Pandemie: Zitronen- und Avocadoverkäuferinnen im Zentrum von Ecuadors Hauptstadt. – BILD: Romano Paganini

Entsprechend wenig hält der Präsident der Einzelhändler von der Kampagne der ecuadorianischen Regierung #Quedateencasa (#BleibZuhause). „Ambulanten VerkäuferInnen oder Arbeitslosen wird damit nicht Rechnung getragen“, sagt Castellanos. „Man kann nicht einfach tausende von Frauen und Männern ohne etwas zu essen zuhause einsperren“. Er hofft deshalb, dass bald staatliche Essenslieferungen organisiert werden. „Sonst wird dieses Zuhausebleiben sehr schwierig“. Wenige Stunden nach dem Gespräch mit ihm hat das zuständige Ministerium damit begonnen, landesweit 245.000 Lebensmittelkörbe an Familien zu verteilen, die in Armut oder extremer Armut leben. Der Korb enthält 16 Produkte, die eine vierköpfige Familie während fünfzehn Tage versorgen soll. 

Trotz dieser Nachricht ist Leónidas Iza, möglicher Präsidentschaftskandidat für die Wahlen in zehn Monaten, besorgt, weil andere Sektoren, wie etwa die Landwirtchaft, im Rahmen der Krise links liegen gelassen werden. Als Führer der Indigenen- und Bauernbewegung der Provinz Cotopaxi fehlt es ihm an Unterstützung für die Landwirtschaft. „Die Städte sind auf die Versorgung mit Produkten vom Land angewiesen“, sagt er. „Wir haben bereits unsere Preise gesenkt, aber der Verkaufspreis darf nicht dem subjektiven Gutdünken der Zwischenhändler überlassen werden. Denn dadurch entsteht Spekulation.“ Iza schlägt deshalb vor, dass der Zentralstaat via Notfall-Gesundheitsfond die Produktion der Bauern aufkauft, um sie dann kostenlos an jenen Teil der Bevölkerung weiterzugeben, der sich die Nahrungsmittel nicht leisten kann.

 

Eine Packung Chips für vier Männer

Das Prekariat, sowohl der Bauern als auch der informellen VerkäuferInnen in den Städten, ist die Realität von tausenden Menschen in ganz Ecuador und von Millionen weltweit – unabhängig davon, ob Pandemie herrscht oder nicht. Sie leben von den Brotkrümeln, die der globalisierte Markt zurücklässt. Was das Corona-Virus derzeit verursacht, und sich für die wohlhabenderen Klassen wie eine Krise anfühlen kann, ist für viele Menschen Alltag.

Einer von ihnen ist Cristian. Auf einem Trottoirrand sitzend wartet er bis der Tag zu Ende geht. Seit fünf Jahren lebt er auf der Strasse und hält sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser: Kisten von einem Lagerhaus ins andere schleppen, Lebensmittel vom Markt herankarren oder auf geparkte Autos aufpassen. „Doch jetzt, da sämtliche Geschäfte geschlossen sind, haben wir nichts zu essen“, sagt er im Namen seiner compañeros. Am Donnerstagvormittag hatte ihm ein Autofahrer ein paar Cents in die Hand gedrückt, damit Cristian auf dessen Wagen aufpasst. Mit dem Geld kaufte er sich eine Packung Chips und teilt diese mit seinen drei Kameraden. „Etwas ist etwas“, sagt der 26-Jährige, „aber natürlich haben wir davon nicht gegessen.“ Seine letzte warme Mahlzeit liegt drei Tage zurück. Die Polizei habe sie zwar aufgefordert, in einer der Stadtherbergen Unterschlupf zu suchen, doch weder Cristian noch die anderen verfügen über einen gültigen Ausweis. „Und ohne Ausweis lassen sie uns nicht rein.“

Um solche Situationen zu vermeiden, hat das ecuadorianische Verfassungsgericht dieser Tage ausdrücklich festgehalten, dass der Staat zum Schutz von verwundbaren Menschen – etwa jene, die in der Strasse leben – entsprechende Schutzmassnahmen ergreifen muss. Bis zur Veröffentlichung dieses Textes hat sich die Regierung zu dieser Forderung nicht öffentlich geäussert.

Die leere Altstadt von Quito: Die Polizei hat während den vergangenen Tagen vielerorts in Ecuador Menschenansammlungen aufgelöst. – BILD: Romano Paganini

Aufgrund der hohen Ansteckungsmöglichkeit mit dem COVID-19 haben verschiedene Herbergen in Quito zu drastischen Massnahmen gegriffen. In San Juan de Dios zum Beispiel bleiben die Türen seit einer Woche geschlossen. Wer die Herberge verlässt, wird nicht mehr reingelassen. „Nur so kann die Sicherheit der Bewohner, der Arbeiter, der Geistlichen sowie jene der Spender gewährleistet werden“, erklärt Koordinator Mauricio Paucar. Seit dem ersten Fall von COVID-19 in Ecuador am 29. Februar befolgen die Verantwortlichen ein Sicherheitsprotokoll. So wurde zwischenzeitlich bei jeder Person, die das Zentrum betrat, die Temperatur gemessen.

Normalerweise ernährt San Juan de Dios täglich 250 Menschen, 80 bis 100 bleiben jeweils auch über Nacht. Doch am Samstag vor zehn Tagen hat die Herberge beschlossen, das Heim unter Quarantäne zu stellen. Darauf verliessen rund fünfzig Frauen und Männer die Einrichtung und zogen weiter. „Viele waren junge Erwachsene, die ihre Reise nach Peru und Chile fortsetzten oder auf dem Rückweg nach Venezuela waren“, sagt Paucar. Aktuell befinden sich über siebzig Menschen in der Unterkunft: 30 vorübergehend und 37 dauerhaft. Die übrigen sind Mitglieder des Stabs, sowie die Brüder der Kirche selbst.

Um der Notsituation der auf der Strasse lebenden Menschen entgegenzuwirken, öffnete das Casa de la Cultura am Donnerstag seine Türen. Dort sollen rund sechzig Obdachlose Unterschlupf finden. Ein kleiner Beitrag, wenn man bedenkt dass in Quito gemäss Stadtverwaltung über 4.000 Obdachlose leben.

 

Untragbare Zustände an den Grenzen

Und dieser Ausnahmezustand wird zumindest in Quito noch eine Weile aufrecht erhalten. Erst am Samstag ist die Quarantäne bis zum 17. April verlängert worden. Es muss deshalb auch davon ausgegangen werden, dass die Grenzen zu Peru und Kolumbien bis auf weiteres geschlossen bleiben. Das ging dieser Tage sogar soweit, dass EcuadorianerInnen die Einreise verweigert wurde. Paul Pasato zum Beispiel, der in Peru in den Ferien war, befindet sich derzeit mit dem Rücken zur Wand: Einerseits drohen die Verantwortlichen des Hotels aus Angst vor einer Ansteckung mit dem COVID-19, ihn auf die Strasse zu stellen. Das hat dazu geführt, dass das Militär sein Gepäck und jenes der anderen TouristInnen durchsucht hatte. Andererseits ist ihm bisher die Rückreise in sein Land verweigert worden.

Zuhause bleiben klingt zynisch für jene, die kein Zuhause haben: ein Obdachloser geht mit seinem Hab und Gut durch die Altstadt Quitos. Hinten Polizisten mit Handschuhen und Gesichtsmasken. – BILD: Romano Paganini

Noch viel komplexer präsentiert sich die Situation von hunderten von MigrantInnen und Flüchtlingen: Geschwächt durch die Krisen in ihren jeweiligen Ländern und nach tage- und wochenlangen Märschen sitzen sie jetzt an den jeweiligen Grenzen fest. Der ecuadorianische Staat reagierte mit Polizisten in Robocop-Kleidung und verschärften Grenzkontrollen. Es sind Massnahmen, die auch anderswo auf dem Planeten ergriffen wurden. Die Angst vor einer Ansteckung mit COVID-19 fördert Ausgrenzung und Rassismus. „Die Fremdenfeindlichkeit in Ecuador ist äusserst aggressiv, und ich bin besorgt darüber, dass sich dies angesichts des Corona-Virus’ noch verschärften wird“, sagt Daniel Regalado.

Der Präsident der Vereinigung „Venezuela in Ecuador“ blickt kritisch an die Grenzen. „Es gibt mehrere Personen, denen das Geld ausgegangen ist oder die auf Grund fehlender Transportmöglichkeiten festsitzen“, sagt Regalado. Ausserdem würden die NGO’s, die normalerweise an vorderster Front aushelfen, durch die Einschränkungen nicht voll arbeiten können. Währenddessen hat das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) festgehalten, dass die Menschen an der Grenze Ecuador-Kolumbien Nothilfe für eine Unterkunft erhalten haben. Ausserdem betont das UNHCR, es werde sicherstellen, „dass Asylsuchende Zugang zum Territorium erhalten“.

 

Die Angst, auf der Strasse zu landen

Isabel Rodriguez, Präsidentin der Stiftung Nuestros Jóvenes, beherbergt in Mitad del Mundo, am Stadtrand von Quito, mehrere dutzend MigrantInnen und Flüchtlinge. Sie ist ebenfalls besorgt über die aktuelle Lage. „Zwölf Personen sind erst am vergangenen Samstag (vor zehn Tagen) nach Peru abgereist, und ich weiss nicht, wo sie sind oder wie es ihnen geht.“ Derzeit befinden sich 71 Menschen in ihrer Herberge, die meisten aus Venezuela. Sie bleiben dort in der Regel einige Tage, bevor sie entweder ihre Reise fortsetzen oder eine Wohnung oder ein Zimmer mieten. Doch seit vergangenem Dienstag sind sie eingesperrt. Denn ähnlich wie anderswo wurde auf Grund des COVID-19 beschlossen, keine weiteren Personen aufzunehmen. „Die derzeitige Situation erzeugt bei den Einwohnern viel Stress“, sagt Isabel Rodriguez, „denn sie können nicht arbeiten. Viele von ihnen schicken ihren Lohn direkt nach Venezuela, damit ihre Angehörigen dort überleben können. Zu allem Überfluss haben vergangene Woche zwei Familien die Unterkunft verlassen, weil sie eine Mietwohnung gefunden hatten. Jetzt werden sie die Miete nicht zahlen können“. 

Für Daniel Regalado von der Vereinigung „Venezuela in Ecuador“ ist dies derzeit die grösste Sorge innerhalb der venezolanischen Community. Seit einer Woche wird er mit Telefonanrufen bombardiert. Die Menschen haben grosse Angst, auf der Strasse zu landen. „Denn sie können weder Miete, Nahrungsmittel oder Medikamente bezahlen“, sagt Regalado. Viele von ihnen sind von informellen Jobs auf der Strasse oder in öffentlichen Verkehrsmitteln abhängig. „Diese Situation wird früher oder später zu noch grösseren Problemen führen.“

Tröpfchensystem wie anderswo auf der Welt: Wegen des Corona-Virus wird wie hier in Quito nur eine gewisse Zahl an Personen in den Supermarkt gelassen. Die Aufnahme stammt vom Montag 16. März. – BILD: Romano Paganini

 

Text: Mayra Caiza, Patricia Yallico und Romano Paganini

Hauptbild: Lange Tage auf dem Lebensmittelmarkt San Roque in Quito: Viele Frauen und Kinder beginnen bereits kurz nach Mitternacht Bohnen und Maiskolben zu schälen und für den Verkauf am nächsten Tag vorzubereiten. (Luis Herrera R.)

Mitarbeit: Emilio Bermeo und Alejandro Ramirez Anderson


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