Bolivien, globaler Süden, Lateinamerika, Rohstoffe, Umwelt und Rohstoffausbeutung
Eine Schneise, die sich quer durch die Länder frisst
Was die neue Seidenstrasse für China, ist IIRSA für Lateinamerika: Brücken, Strassen, Bahnlinien und Häfen. Doch die Infrastruktur-Projekte dienen nicht der Bevölkerung, sondern dem Export von Rohstoffen – auch jenem nach China.
Während China am Dienstag den Beginn des neuen Jahres feiert, das im Zeichen des Schweins steht, schuften weltweit hundertausende Mineure, Sprengmeister, Ingenieure, Architekten, Maurer, Schweisser und einfache Arbeiter rund um die Welt für den asiatischen Riesen. Er lässt bohren, schaufeln und berechnen und sprengt sich unbeirrt seine neuen Handelsrouten frei. Egal, ob dies- oder jenseits der Ozeane. Die Globalisierung der Märkte erreicht durch den Schub aus Asien eine neue Dimension. Der internationale Handel wird dadurch noch einmal vereinfacht, der geopolitische Machtanspruch China immer sichtbarer.
In Pakistan, Sri Lanka, Bangladesch oder Myanmar geht es um die neue Seidenstrasse, dem weltweit grössten Infrastruktur-Projekt, an dem sich dutzende von Regierungen unter der Federführung von China beteiligen; in Venezuela, Ecuador, Brasilien oder Bolivien spricht man von IIRSA (Integración de la Infraestructura Regional Suramericana), einem Projekt zur Integration südamerikanischer Infrastruktur in den Welthandel. China steht hier zwar nicht am Ursprung, doch die Erschliessung neuer Handelsrouten in anderen Teilen der Welt, vor allem aber der Zugang zu Rohstoffen – insbesondere zu Erdöl und Gas –, ist ganz im Sinne der Regierung in Beijing.
Eine Bahnlinie zur Bereicherung Chinas
IIRSA wurde im Jahr 2000 durch die Staatspräsidenten zwölf südamerikanischer Länder initiiert, um die „internationale Wettbewerbsfähigkeit“ zu fördern und – so heisst es in der Medienmitteilung von damals – „ein stabiles, effizientes und gerechtes Entwicklungsmuster in der Region zu schaffen“. Die Initiative umfasst heute rund 600 Projekte und verbindet Infrastrukturen aus den Bereichen Transport, Energie und Kommunikation, die gemäss IIRSA „den Fluss von Waren und Dienstleistungen sowie Menschen und Informationen innerhalb und außerhalb des Landes erleichtert“. Ein multinationaler Streifen also, der sich in Form von Strassen, Brücken, Tiefseehäfen und Flugplätzen quer durch den Kontinent zieht. Aber auch der Bau von Wasserkraft- und Elektrizitätswerken, Metall- und Steinminen sowie Erdöl- und Gasanlagen sind von IIRSA betroffen. Schliesslich braucht es für den Bau einer funktionierenden Infrastruktur Material und Energie. (…)
Hauptbild: „Made in China“ mitten in Ecuadors Hauptstadt: Der Wagen eines Strassenverkäufers kurz vor der Abfahrt, Quito, Januar 2019. (mutantia.ch)