Nach zwölf Tagen Streik: kurze Verschnaufpause in Ecuador

 

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14. Oktober 2019, Quito. – Die gute Nachricht zuerst: Die ecuadorianische Regierung hat am Sonntagabend nach Gesprächen mit den indigenen Organisationen bekanntgegeben, dass das Dekret 883 wirkungslos bleibt. Das heisst, die Subventionen auf Treibstoffe wie Benzin oder Diesel bleiben vorläufig bestehen. Und es heisst auch – zumindest theoretisch -, dass der seit dem 3. Oktober anhaltende Streik beendet ist. Details zu den Gesprächen wurden zunächst nicht bekanntgegeben; gemäss einem Tweet der UNO Ecuador, die als Vermittlerin zwischen Indigenen und Zentralregierung waltete, sollen die Gespräche am kommenden Dienstag fortgesetzt werden.

Auf den Strassen Quitos brach kurz darauf Jubel aus. Tausende versammelten sich vor dem Haus der Kultur, der Basis der comunidades indigenas, die in den vergangenen Tagen aus dem ganzen Land in die Hauptstadt geströmt sind. Trotz dieses zwischenzeitlichen Erfolges, bleibt die Situation angespannt. Yaku Perez etwa, Präfekt der Provinz Azuay im Süden des Landes und ehemaliger Präsident der Indigenen-Organisation Ecuarunari, warnte kurz nach dem Beschluss bei einer spontanen Rede in der Stadt Cuenca, dass man aufmerksam bleiben müsse und notfalls wieder auf die Strasse gehen werde.
Noch immer befinden sich tausende Indigener in Ecuadors Hauptstadt, und mehrere Hundert sind auf dem Weg dorthin.

Was die Sistierung von Dekret 883 bedeutet, und ob die Regierung um Lenin Moreno auch auf die Forderung eingeht, Innenministerin und Verteidigungsminister aus ihren Ämtern zu entheben, wird sich in den nächsten Tagen zeigen müssen. Ebenfalls unklar ist, ob die hunderten von festgenommenen DemonstrantInnen freigelassen werden.
In Ecuador findet in diesen Stunden zwar ein kurzes Durchatmen statt, doch die Anspannung wird so schnell nicht weichen. Denn das Loch in der Staatskasse bleibt und der von Lenin Moreno gepredigte Dialog steht auf äusserst wackligen Beinen. Doch immerhin hat am Sonntagabend eine erste Annäherung stattgefunden.

mutantia.ch war dieser Tage vor allem damit beschäftigt, den in den ecuadorianischen Massenmedien verbreiteten Informationen entgegenzuwirken. Dort wurde anfänglich nämlich kaum über die Proteste berichtet: als ob sie nicht stattfinden würden und eigentlich alles in Ordnung sei. Um den Druck aus dem Ausland zu erhöhen, haben wir deshalb ein fünf-minütiges Video produziert und es aus dem spanischen in vier Sprachen übersetzt: deutsch, französisch, italienisch und englisch. Dadurch sollen Teile der internationalen Gemeinschaft über die Vorkommnisse der vergangenen Tage informiert werden. Denn die erste und zweite Oktoberwoche, insbesondere in Quito, waren geprägt von Gewaltexzessen und einer beispiellosen Repression seitens der ecuadorianischen Polizei.

Bilder, Videos, Übersetzung und Produktion: Vivi Jaramillo, Andrea Sempertegui, Federica Giunta, William Sacher, Alberto Romo, Alejandro Ramirez Anderson & Romano Paganini