Mitteilung vom 22. April 2019

Wikileaks und Ecuador: Rauswurf, Verhaftung und Flucht nach Mexiko

Seit der ecuadorianische Staat Julian Assange vor zehn Tagen das diplomatische Asyl entzogen und ihn aus der Botschaft in London geworfen hat – direkt in die Hände der britischen Polizei – geht es im Andenstaat drunter und drüber. Keine 24 Stunden nach der Festnahme des Wikileaks-Gründers kam es am Flughafen Mariscal Sucre in Quito zu einer weiteren Verhaftung. Ola Bini, Informatiker und Internet-Aktivist aus Göteborg, war auf dem Weg zu einem Kampfkunst-Training in Japan, wurde jedoch kurz vor dem Boarding von der ecuadorianischen Polizei festgenommen. Der 36-jährige Schwede soll enge Verbindungen zu Wikileaks haben und, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, Programme entwickeln, die die Staatssicherheit gefährden. Bini sitzt nun schon seit über einer Woche in Haft, ohne dass handfeste Beweise gegen ihn geltend gemacht worden wären.

In den Tagen danach kam es zu massiven Cyberattacken auf ecuadorianische Institutionen, darunter zahlreiche Ämter, die Nationalbank sowie die Botschaft in London. In weniger als einer Woche verzeichnete das Ministerium für Telekommunikation über vierzig Millionen Angriffe: aus Brasilien, den USA, Grossbritannien, Frankreich, den Niederlanden, Deutschland, Österreich, Rumänien und aus Ecuador selbst (gemäss Recherchen der Zeitung El Comercio). Ausserdem kam es am Dienstag im Zentrum von Quito zu Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und DemonstrantInnen, die die Freilassung Assanges fordern.

Hinzu kommt nun, dass seit einigen Tagen nach Ricardo Patiño gefahndet wird, von 2010 bis 2016 Vorsteher verschiedener Ministerien des Landes. Patiño wird vorgeworfen, gegen die Regierung des aktuellen Präsidenten Lenin Moreno zu hetzen. In einem Interview mit CNN hatte Patiño vorletzte Woche erneut „Illegalitäten und Rechtsverstösse“ der Regierung Morenos angeprangert. Doch das ist nur die Spitze des Eisberges. Denn Patiño ist im Zuge der Verhaftung von Ola Bini vom Innenministerium mit Wikileaks und „zwei russischen Hackern“ in Verbindung gebracht worden (auch von einem Hacker aus der Schweiz war kurz die Rede). Funktionäre der Vorgängerregierung seien daran den ecuadorianischen Staat zu destabilisieren, hiess es. Patiño hat diese Vorwürfe umgehend zurückgewiesen. Ecuador müsse nicht von aussen destabilisiert werden, sagte er – dafür sorge die aktuelle Regierung selber. Der ehemalige Minister und Weggefährte von Ex-Präsident Rafael Correa hat sich vor ein paar Tagen über Peru nach Mexiko abgesetzt und erklärte am Freitag von dort per Videobotschaft, dass man sich „erhobenen Hauptes verteidigen“ werde.

Zehn Tage nach der Verhaftung von Bini und Assange ist also vieles nach wie vor unklar. mutantia.ch wird diese Woche versuchen, mit den Eltern des schwedischen Internet-Aktivisten zu sprechen. Diese sind vor einer Woche in Quito eingetroffen – und haben angekündigt, Ecuador nicht ohne ihren Sohn zu verlassen.

Kommen wir zu den heutigen Mitteilungen:

  • mutantia.ch sucht einen Community Manager: Sie oder er sollte Erfahrung im Umgang mit Facebook, Twitter und Instagram haben, einwandfrei Deutsch schreiben können, Lust auf die Verbreitung der mutantia-Geschichten haben und bereit sein, dies vorerst freiwillig zu tun. Wenn sie oder er dazu auch noch spanisch spricht, umso besser, allerdings nicht Voraussetzung.
  • Korrektor für einen Monat: Kollege Markus Föhn hat für einen Monat die Korrektur-Arbeit der mutantia-Berichte übernommen. Der langjährige Beobachter-Journalist und heutige Redaktor beim Schweizer Radio ist für Katharina Hohenstein in die Bresche gesprungen, die sich derzeit auf Reisen befindet. Herzlichen Dank, Markus!
  • mutantia.ch auf Spanisch: Noch ist der Termin für den regulären Start der spanischen Version nicht festgelegt, aber nach dem letzten Treffen vergangenen Mittwoch deutet alles darauf hin, dass es Anfang Juni losgehen wird. Ab dann soll es mutantia.ch wöchentlich auch auf Spanisch geben.
  • Last but not least: Ende Mai feiert mutantia.ch sein einjähriges Bestehen. 51 Newsletter werden die AbonnentInnen bis dahin erhalten haben: einen für jede Woche, minus die letzte Woche des Jahres. Wir danken für Euer Vertrauen und hoffen natürlich, dass jene, die jetzt schon dabei sind, ihr Abo erneuern werden. JournalistInnen, die bisher ein Bezahlabo hatten, bleiben kostenlos auf dem Verteiler (in der Hoffnung, dass sie im Gegenzug neue AbonnentInnen in ihrem Umfeld anwerben …)
  • Ach, noch was: Für unseren Geburtstag wünschen wir uns etwas, das JournalistInnen in der Regel nur dann bekommen, wenn sie einen Bock geschossen haben: ein Feedback. Wie findest Du mutantia.ch? Welche Themen fehlen, welche könnte man vertiefen? Und was wünschst Du Dir als LeserIn für Jahr zwei? – Schreib uns doch auf redaktion.mutantia@gmail.ch. Die erhaltenen Rückmeldungen werden wir dann Anfang Juni veröffentlichen, bei Bedarf anonym.

 

Das ist alles für den Moment. Wir wünschen einen frohen Ostermontag und gute Zeit.

mutantia-Team